1483-1546

MARTIN LUTHER
Der Reformator
Die Buchdruckerkunst ist die letzte und zugleich größte Gabe, denn durch sie sollte nach Gottes Willen dem ganzen Erdkreis die Sache der wahren Religion am Ende der Welt bekannt und in allen Sprachen verbreitet werden. Sie ist die letzte unauslöschliche Flamme der Welt.
Otto Clemen, Die lutherische Reformation und der Buchdruck, 1985
Der Buchdruck war für die Reformation so wichtig wie heute das Internet für die Ausbreitung revolutionärer Bewegungen. Martin Luther nutzte als erster sehr intensiv das Medium der gedruckten Flugschriften, um seine Vorstellungen vom wahren Christentum zu verbreiten. Seine zentrale These war, dass die Gerechtigkeit Gottes nur durch den Glauben erreicht werden kann. Papsttum, Ablasshandel, Beichte, lateinischer Ritus und Priesterzölibat wurden kritisiert und verworfen. Die Gegenreformation reagierte wiederum mit Streitschriften in Form von Flugblättern.
Das Wormser Edikt von 1521 belegte Luther mit Bann, aber durch die Hilfe Friedrichs des Weisen konnte er, zunächst interniert auf der Wartburg, sein Werk fortsetzen. Dort übersetzte Luther das Neue Testament ins Deutsche, bis 1534 folgte auch das Alte Testament. Die Lutherbibel ist bis heute die populärste Bibelübersetzung mit unübersehbarem Einfluss auf die Sprachentwicklung des Deutschen. Seit 1522 lebte Luther in Wittenberg. Seine Predigten sind legendär, ebenso sein gastliches Haus, geführt von seiner Frau Katharina.
BUCHDRUCK UND REFORMATION

Eine Medienrevolution
Mit der Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers in Wittenberg am 31. Oktober 1517 begann die kirchliche Reformation im Deutschen Reich. Nachdem er zunächst nur mündlich und brieflich mit Gelehrten und Theologen diskutiert hatte, entdeckte Luther bald die Möglichkeiten des Buchdrucks. Das große Interesse an einer Revision der grundlegenden Glaubensfragen führte zu einer Flut von Flugschriften und Pamphleten, in denen die Reformatoren ihre Ideen verbreiteten. Diese Drucke erreichten bis dahin unbekannte Auflagenhöhen und -zahlen. Allein im Jahr 1524, so wurde berechnet, sollen 2.400 Flugschriften in ungefähr 2,4 Millionen Exemplaren erschienen sein. Das war natürlich auch für die Drucker ein gutes Geschäft. Ein Aufschwung des Druckgewerbes in den bereits reformierten Orten war deutlich zu spüren.
Die meisten Publikationen erschienen in den Jahren von 1521 bis 1525, danach war die Reformation in vielen Gebieten etabliert. Nicht mehr so spektakuläre Höhepunkte erreichte die Flugblattproduktion nochmals um 1530 und 1546/47. Auch die Verbreitung von Luthers Bibelübersetzung muss zu den Publikationserfolgen dieser Zeit gerechnet werden. Von der 1534 erschienenen Gesamtausgabe wurden bis zu Luthers Tod mehr als 100.000 Exemplare verkauft. Rückwirkend wird die Reformation als erster geschichtlicher Prozess interpretiert, dessen Ablauf grundlegend vom Buchdruck beeinflusst wurde.
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